Einflüsse und Trends

Unser erster Einfluss in Sachen Modellbahn war die erste Anlage, die wir in unserem Leben gesehen haben. Dieser Augenblick ist vielleicht ja auch gleichbedeutend mit dem Beginn dieser Virusinfektion, genannt Hobby.

Höchstwahrscheinlich waren wir hell begeistert, den Zentralheizungskörper im Hintergrund erinnern wir nicht, auch nicht den halboffenen Fensterflügel, der gegen den etwas zu steilen Berg stieß. Uns war nicht bewusst, dass ein Schnellzug kürzer als der Bahnsteig sein sollte, dass unter den gekürzten Schnellzugwagen die Schienen in den Kurven zu sehen waren, wissen wir nicht mehr. Beglückt sahen wir Züge mit ohrenbetäubendem Lärm mit halber Schallgeschwindigkeit im Kreis herum sausen vielleicht bemerkten wir noch den schleichenden Abgang des geplagten Haustieres.

Beschlossen: Das will ich auch! 

So war es jedenfalls bei mir, es könnte etwa 1958 gewesen sein. Die Eisenbahn gehörte meinem Onkel, war riesengroß und unerreichbar in dieser Dimension. Aber Kinder träumen hartnäckig...

Damals hieß es noch „Eisenbahn“, das Wort „Modell“ kam dabei nicht vor. Das Testen von Konsumgütern wurde erfunden, die Zeitung hieß DM und im Nachbarort konnte man hinter einer Schaufensterscheibe Lokomotiven endlose Kreise ziehen sehen, manchmal blieb eine stehen und begann zu rauchen (auch E-Loks), da wusste man dann, dass der Test für sie zu ende war. Leute mit Kladden trugen etwas in Listen ein, ein paar Wochen später kaufte ich das Heft und verschlang den Test. Ich war nicht nur glücklich über das Ergebnis, zwar hatte meine Marke mit Abstand den Qualitätstest gewonnen, aber in Sachen „Detailtreue und Maßstab“ (zwei für mich neue Wörter) hatten andere besser abgeschnitten. Schwarz/weiß-Fotos belegten das auch eindeutig, die hatten schönere Schienen und die Stangen der Dampfloks waren feiner, aber, welch ein Glück, meine V200 war trotzdem die schönste von allen, wie plump sahen manche der Konkurrentinnen aus, und entgleisen taten die auch dauernd, meine hatte Formel-Eins Qualitäten!

Trotzdem, so ein Zweifel nagt bitter, also kaufte ich irgendwann drei Donnerbüchsen bei der Konkurrenz. Ich lernte „Zurüstteile“ kennen und machte Erfahrungen mit Tauschradsätzen und Kupplungen, die nicht passten.

Ich kaufte Loks mit dem anderen Stromsystem und baute sie um, dann wechselte ich doch das System.

Auch ich habe dann kurzgekuppelt...

Die ersten langen Schnellzugwagen waren für mich zu teuer, ebenso die herrlichen Kreationen der aufkommenden Kleinserienhersteller.

Alles wurde immer echter, man schotterte Gleise ein, man entdeckte die Alterung und die Spur N kam auf den Markt.

Das war zum Glück (für meine Kasse) in der Zeit, wo mein Virus schwächer war, die Interessen hatten sich etwas verschoben.

Endlich gab es Normen, Kupplungen ließen sich problemlos tauschen, das erste digitale System kam auf den Markt.

Inzwischen gab es Sammler, die suchten die alten hässlichen Loks, wo vorne noch die Glühbirnchen rausschauten und die Kohlen von außen gewechselt wurden.

Die Spur Z erblickte das Licht der Welt, es nagte, soll ich oder ist das alles nur Kram?

Die kleine Wohnung und die tollen Preise für meine HO-Sachen brachten den Wechsel, ich machte mit meinem Händler ein richtiges Geschäft, er nahm alles in Kommission, ich bekam ein Konto und konnte nach Herzenslust Z-Artikel kaufen, meine erste Mini-Club Tischanlage hat mich außer Holz und Glasplatte tatsächlich nichts gekostet! 

Was soll diese Aufzählung?

Zeigen, wie sehr man bei seinem Hobby fremdbestimmt werden kann, sei es durch Entwicklungen, Marketing-Strategien oder Modetrends, die oft durch Fachzeitschriften noch gesteigert werden.

Jetzt, wo die Entwicklungen langsamer verlaufen und eine große Vielfalt auf dem Markt herrscht, kann der Modellbahner viel entspannter entscheiden, was er in Angriff nimmt.

Und eines sei nicht vergessen, noch nie war das SELBERMACHEN so einfach wie heute, es gibt Minibohrmaschinen, Ätzgeräte und Zurüstteile, und wer’s noch nicht gemerkt hat, es gibt den Computer, der, richtig eingesetzt, der Modellbahn ungeahnte Möglichkeiten eröffnet, ich meine nicht die Steuerung und Automatisierung, ich meine die Gestaltung!